Technikerweiterbildung zum Nulltarif – die Lernfabrik der Gottlieb-Daimler-Schulen startet durch
Im neuen Schuljahr werden die Fachschulen für Technik kein Schulgeld mehr für die Weiterbildung verlangen. Die Gottlieb-Daimler-Schulen freuen sich, dass diesem Anliegen nun auch der Verwaltungs- und Finanzausschuss des Landkreises zugestimmt hat.
Momentan steht scheinbar alles still. Die Schulschließung hat auch vor den Gottlieb-Daimler-Schulen nicht Halt gemacht. Digitaler Fernunterricht ist an die Stelle des normalen Tagesablaufs am Goldbach-Ufer getreten, was angesichts der bereits gegebenen technischen Voraussetzungen mit Tablet-Unterricht und Lernfabrik 4.0 letztlich keine wirklichen Probleme erzeugte. Die Digitalisierung erleichtert vieles. Davon ist man in den Schulen schon seit längerem überzeugt. Deshalb wurden der Campus auch als Standort für die „Smart Factory“ im Rahmen der Entwicklung von Industrie 4.0 ausgewählt und vom Landkreis sowie dem Landeswirtschaftsministerium umfassend gefördert. Das Projekt ist zuvorderst in die Fachschulen für Technik integriert, welche die Weiterbildung zum „Staatlich geprüften Techniker“ in den Fachbereichen Elektrotechnik und Informationstechnik (GDS 2) sowie Maschinentechnik und industrielle Beschichtungstechnik (GDS 1) anbieten. Bisher war die Vollzeitweiterbildung in zwei Jahren von einer hohen finanziellen Belastung für die angehenden Techniker*innen begleitet, da sie neben dem zweijährigen Verzicht auf ihr bis dahin gewohntes Einkommen auch das Schulgeld stemmen mussten. Dies ist ab dem kommenden Schuljahr Geschichte. Nach dem Jugendbildungsausschuss des Kreistags hat auch der Verwaltungs- und Finanzausschuss des Landkreises dem Anliegen der beiden Schulen zugestimmt, die Technikerschüler*innen hier zu entlasten. Dies soll nicht zuletzt dem Projekt der „Smart Factory“ zugutekommen. Neben der grundsätzlichen Förderung des Projektes hat der Landkreis zu Beginn des laufenden Schuljahres die Räumlichkeiten für die vernetzte Produktion an der GDS 1 renovieren lassen. Dort sind im Moment vier der acht Stationen zur vernetzten Produktion einer Powerbank auf mobilen Wagen untergebracht, die sich der Vollständigkeitskontrolle, der Kommissionierung und Montage, der Endkontrolle sowie der Verpackung mit Hilfe eines Roboterarms widmen.
Auch an der GDS2 wächst die Lernfabrik zusehends. Die schon seit mehreren Jahren aktive Platinenbestückung mit elektronischen Bausteinen ist schon um einen automatisierten Lötofen, um mehrere Handhabungsroboter und Prüfstationen erweitert worden. Die volle Vernetzung der Stationen und die übergeordnete Produktionssteuerung durch ein fortschrittliches MES-System werden zurzeit ergänzt. Damit wird es in Zukunft grundsätzlich möglich sein, an den beiden Schulen ein fertiges Produkt wie die Powerbank zu entwickeln und herzustellen. Die Anlage beinhaltet viele derzeit gängige Identifikations-, Produktionssteuerungs-, Datenerfassungs- und Analysetechniken. Beispielsweise erfahren die Stationen vom Werkstück selbst über einen Chip, wie damit zu verfahren ist. Hier liegt die digitale Dimension der Produktion, die sich in der Kommunikation zwischen Werkstück und Station ausdrückt, welche wiederum zur Weiterverarbeitung dokumentiert und auf einem ebenfalls hier angesiedelten „Active Cockpit“ dargestellt wird. Parallel werden an den Stationen auch Widgets für dieses „Active Cockpit“ programmiert, die sofort Kurzmitteilungen seitens Werkstück oder Station auf das Display bringen. Diese digitalen Strukturen kennenzulernen ist nur ein Bestandteil der Weiterbildung, durch die die Schüler*innen an den Fachschulen für Technik in direktem Praxisbezug für die Entwicklungen in der Industrie 4.0 vorbereitet werden. Dabei sind diese Entwicklungen an den Gottlieb-Daimler-Schulen eingebettet in das vom Kultusministerium landesweit gesteuerte pädagogische Gesamtkonzept „Lernfabrik 4.0“, was eine durch und durch transparente Produktion ohne Rüst- und Stillstandzeiten sowie vollständig automatisiert ermöglichen soll. Diese digitalen Prozesse zu initiieren und zu steuern, ist ein zentrales Lernfeld der angehenden Techniker*innen. Sie sollen als Führungskräfte bereits über das notwendige Know-How verfügen, wenn sie in die Betriebe zurückkehren und dort für die Produktion Verantwortung übernehmen. Aufgrund der hochmodernen Ausstattung der Gottlieb-Daimler-Schulen kann dies realistisch vorbereitet werden – und es bedarf nun keiner zusätzlichen finanziellen Belastungen mehr, die bisher geeignete Fachleute abgeschreckt haben oder zum Teil dafür sorgten, dass so mancher trotz Vollbelastung durch die Schule noch nebenher arbeiten musste. Hier hat der Landkreis wieder viel ermöglicht, was Wirtschaft, Schulen und Betrieben, besonders aber den Fach- und Führungskräften selbst langfristig eine positive Entwicklung beschert.
Marianne Maier-Anderer und Stephan Scheiper